Lokale Wundinfektion bei der Versorgung chronischer Wunden zeitnah erkennen!

In unserem beruflichen Alltag treffen wir oft auf chronische Wunden, welche einfach keine Heilungstendenzen zeigen. Ein oft vorliegender Grund dafür ist eine bestehende Infektion der Wunde. Zu einer Wundinfektion kommt es, wenn Krankheitserreger in eine Wunde eindringen, eine Entzündung auslösen und dadurch die Wundheilung verzögert wird oder stagniert. Daher ist es für uns Pflegefachkräfte so wichtig, die typischen Anzeichen einer Wundinfektion zu erkennen, um so zeitnah angemessene Maßnahmen einleiten zu können.

Unter den klassischen Anzeichen einer Entzündung begegnen wir einmal der Rötung, auch Rubor genannt. Diese Rötung zeigt sich durch die Erweiterung der kleinen Blutgefäße im entzündeten Gebiet. Als nächstes Anzeichen haben wir die Überwärmung oder auch Calor bezeichnet. Aufgrund der erhöhten Durchblutung kommt es zu einer lokalen Erwärmung im Vergleich zur umliegenden Körperregion. Des Weiteren zeigt sich eine Schwellung (Tumor), welche durch Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe entsteht. Zusätzlich zu den bisher genannten Anzeichen kommt dann noch der Schmerz (Dolor) hinzu. Schmerz entsteht durch Reizung der Nervenenden aufgrund der Schwellung und chemischer Substanzen, die bei der Entzündung freigesetzt werden. Als letztes der fünf klassischen Entzündungszeichen muss ich noch den Funktionsverlust (Functio laesa) erwähnen. In schweren Fällen kommt es zu einer Beeinträchtigung der normalen Funktion des betroffenen Bereichs. Aufgrund örtlicher Zellstörung und Kreislaufstörung können die betroffenen Gewebe ihre Aufgabe gar nicht oder nur unzureichend erfüllen. Es gibt noch weitere Anzeichen, die auf eine lokale Wundinfektion hinweisen Können:

  • Erhöhtes Exsudataufkommen
  • Hypergranulation
  • Abnormer Wundgeruch
  • Epitheliale Taschenbildung

MERKE!

„Eine lokale Wundinfektion, die in der Regel auch lokal, z.B. mit Antiseptika behandelt wird, ist klar von einer systemischen Infektion, die sich in der Haut, in der Blutbahn und dem Lymphsystem ausbreitet, abzugrenzen.“ (K.Protz, Moderne Wundversorgung, 10.Auflage, S.92)

Neben den vielen Anzeichen einer Entzündung gibt es auch verschiedene Auslöser für diese. Für die Vollständigkeit werden sie hier von mir aufgeführt:

  • Mechanische Faktoren (Druck, Verletzung, Fremdkörper)
  • Physikalische Reize (Strahlung, Wärme, Kälte)
  • Chemische Stoffe (Laugen, Säuren)
  • Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze)
  • Bakterientoxine (von Bakterien freigesetzter, giftiger Stoff)
  • Abgestorbenes Gewebe (Nekrose)

Kommen wir zur lokalen Wundinfektion zurück:

Zur einfachen und schnellen Diagnostik dieser, wurde der TILI Score (Therapeutischer Index für lokale Infektion) entwickelt. Er dient als Unterstützung zur Identifizierung einer lokalen Wundinfektion. Unterteilt wird er in „keine direkte Indikation“ und  „direkte Indikation.“ 

Keine direkte Indikation:

  • Periläsionales Erythem (Rötung um eine Läsion herum)
  • Überwärmung
  • Ödem, Verhärtung 
  • Spontaner Schmerz oder Druckschmerz *Cave: Patienten mit PNP/Schmerzmitteln
  • Stagnation der Wundheilung
  • Anstieg und/oder Änderung der Farbe/Geruchs des Exsudats

Direkte Indikation:

  • Nachweis potenziell pathogener Mikroorganismen
  • Chirurgische septische Wunde
  • Freier Pus (Eiter)

Auswertung des TILI Score: Wenn 5 oder mehr indirekte oder 1 oder mehr direkte Kriterien vorliegen, besteht die Indikation für eine antiseptische Wundtherapie. 

Link zum TILI-Score auf www.icwunden.de: https://www.icwunden.de/2024/04/TILI-Score.pdf

Oft kommt es vor, dass der behandelnde Arzt einen Wundabstrich anordnet, der von uns Pflegefachkräften durchgeführt werden soll. Hierbei muss unterschieden werden, welches Ziel verfolgt werden soll. Wenn es darum geht, multiresistente Erreger (MRE) zu identifizieren, dann sollte vor der Entnahme keine Wundsäuberung erfolgen. Nur so kann die gesamte Breite der Erreger nachgewiesen werden. Dafür eignet sich die Methode des Essener Kreisels, welche überprüft- und leicht anzuwenden ist. Die Entnahme erfolgt mittels Abstrichträger unter leichtem Druck kreisend von außen nach innen (ähnlich wie beim Schneckenhaus).

Wenn es um den Verdacht auf eine Wundinfektion geht, dann sollte vor der Abstrichentnahme eine Wundreinigung mittels steriler physiologischer Kochsalz- oder Ringer-Lösung und sterilen Kompressen durchgeführt werden. Hierzu wird die sogenannte Levine-Technik empfohlen. Die Entnahme erfolgt unter leichtem Druck aus einem ca. 1cm² großen, klinisch infiziert erscheinenden Areal der Wunde. 

Auch wenn wir Pflegefachkräfte nicht immer eine lokale Wundinfektion verhindern können, so müssen wir jedoch alles erdenkliche dafür tun, um dieses Risiko so gering wie möglich zu halten. Und das fängt bei unserem hygienischen Verhalten an. 

Was heißt das jetzt konkret?

Unsere Hygienemaßnahmen müssen schon vor dem anstehenden Verbandwechsel einsetzen. Es fängt damit an, dass wir unsere Uhr und unseren Schmuck ablegen. Auch lackierte Fingernägel sind nicht zulässig (KRINKO-Empfehlung „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“). Unsere Haare binden wir zusammen, und korrekte Schutzkleidung muss angelegt werden (siehe Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“). Wenn wir Wunden versorgen, die spezieller sind (Verbrennungen, Wunden mit MRE), dann sind natürlich umfassendere Schutzmaßnahmen erforderlich. Der Verbandwechsel beinhaltet mehrmaliges Desinfizieren der Hände sowie mehrere Handschuhwechsel und erfolgt unter der Non-Touch-Technik. Dies bedeutet: sterile Instrumente (Schere, Pinzette), sterile Spülflüssigkeiten und sterile Wundauflagen sowie der korrekte Umgang mit Einmalprodukten (K.Protz, Moderne Wundversorgung, 10.Auflage, S.94/95).

FAZIT:

Wenn wir die hygienischen Vorgaben immer einhalten, können wir viele Wundinfektionen im Vorfeld abwenden und unseren Patienten viel Leid ersparen!

Quellen: