Neue mögliche Präventions- und Behandlungsansätze in der Versorgung von Diabetikern

In Deutschland leiden ca. 2-10 % aller Diabetiker unter einem diabetischen Fuss. Auf die Dauer schädigt ein schlecht eingestellter Blutzucker alle Gefäße des Körpers. Betroffen sind hauptsächlich die Organe wie Augen, Nieren und Füße. Nach ca. 10 Jahren schlecht eingestellter Blutzucker ist mit diversen Folgeschäden zu rechnen. Die Folge: 70% aller durchgeführten Amputationen betreffen Diabetiker (ICW, 2018, S.2). Die ICW macht deutlich: „Den diabetischen Fuss kann man nicht verhindern,  wohl seine dramatischen Folgen, wie Amputationen.“ (ICW, 2018, S. 14)

Welche wissenschaftlichen Impulse gibt es aktuell zu den Themen Ernährung, Bewegung und Telemedizin, welche auf verbesserte Therapieansätze abzielen?

Herkömmliche Diabetikerkost vs. vegane Ernährungsweise

In einer dreimonatigen randomisierten Studie (die Teilnehmer sind in Zufallsgruppen eingeteilt) von 2016 untersuchte Lee die Auswirkungen einer veganen Ernährung und einer konventionellen Diabetikerdiät auf die Blutzuckerwerte von koreanischen Typ-2- Diabetikern. Da Asiaten häufiger auf pflanzliche Lebensmittel zurückgreifen, bot sich dieser spezielle Vergleich für diese  Fragestellung an. (Lee et al, 2016) 12 Wochen wurden nach dem Zufallsprinzip 2 Gruppen gebildet. Eine Gruppe ernährte sich vegan und die zweite Gruppe  mit einer konventionellen Diät, die von der Korean Diabetes Association 2011 empfohlen wurde.  Zu Beginn, in Woche 4 und 12 wurden in beiden Gruppen die HbA1c-Spiegel gemessen. Beide Gruppen zeigten signifikante Reduktionen des HbA1c-Spiegels. In der Gruppe mit der veganen Ernährung fiel die Reduktion jedoch größer aus. (Lee et al, 2016)

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Virtuelles Unterstützungsprogramm vs. persönliche Vermittlung von Selbstmanagementkompetenzen

Eine 2023 veröffentlichte Studie von Linda Siminerio bezüglich virtueller Unterstützungsmodelle in ländlichen Gemeinden bei Hochrisikopatienten mit Typ-2-Diabetes untersuchte dessen Auswirkungen auf das Selbstmanagement von Betroffenen. In einer 12-monatigen , nicht randomisierten (Teilnehmer sind nicht in Zufallsgruppen eingeteilt) Studie wurden Patienten mit einem Hämoglobin A1c (HbA1c) von >9%  an ein virtuelles Programm (TREAT-ON) überwiesen. Hier wurden durch einen Spezialisten für Diabetesversorgung per Videokonferenz Diabetes-Selbstmanagementkompetenzen bereitgestellt. Verglichen wurden nach 12 Monaten die HbA1c-Werte der Teilnehmer des virtuellen Unterstützungsprogramms mit den Werten aus der Kontrollgruppe, die eine persönliche Betreuung des Diabetes-Selbstmanagements erhielten.   Die meisten (64%) der Teilnehmenden aus der TREAT-ON Gruppe erreichten ihre Selbstmanagementziele bezüglich Senkung des HbA1c-Wertes, signifikanter Verringerung der Diabetesbelastung und einer Verbesserung der allgemeinen Nahrungsaufnahme. Zudem wurde unabhängig davon eine hohe Akzeptanz des Programms festgestellt. Es konnte der Schluss gezogen werden, dass die Wirksamkeit der virtuell vermittelten Selbstmanagementkompetenzen genauso wirksam sind wie die persönliche Vermittlung. Besonders für unterversorgte und ländliche Gebiete haben virtuelle Programme daher einen hohen Nutzen/Stellenwert. (Siminerio et al, 2023) Erkenntnisse der letzten Jahre belegen auch den Nutzen von Diabetes Apps (z. B. MySugr). (Weitgasser et al, 2023)

Moderat-Intensives Training vs. Hochintensives Intervall Training

Eine andere, ebenfalls randomisierte Studie untersuchte bei Typ 2 Diabetikern Einflüsse von unterschiedlichen Trainingsarten von jeweils drei Trainingseinheiten in der Woche. Eine der beiden Gruppen führte ein HIIT (Hochintensives Intervall Training) durch, kombiniert mit einem Krafttraining. Die andere Gruppe führte ein MCT (Moderat-Intensives Kontinuierliches Training) durch, ebenfalls zusammen mit Krafttraining. Über ein Jahr wurden diese drei Trainingseinheiten jeweils absolviert. Mit Hilfe sonographischer Untersuchungen konnte am Ende festgestellt werden, dass ein positiver Effekt auf die arteriellen Gefäße bei beiden Trainingsarten stattfand, allerdings schnitt das HIIT bezüglich der Effekte auf Dehnbarkeit und Steifigkeit der Arterien besser ab. (Magalhaes et al, 2019) Zusammengenommen kann HIIT ein sinnvolles Instrument sein, um langfristige vaskuläre Komplikationen bei Typ-2-Diabetes zu verbessern.“ (Magalhaes et al, 2019)

Quellen

Initiative Chronische Wunden (ICW). (2018). Informationsleitfaden für Angehörige und Betroffene. Zeigt her eure Füsse. Der diabetische Fuss und seine Prävention.  (2. Auflage). Quedlingburg

Lee, Y., Kim, S., Lee, I., Kim, J., Jeong, J., Jeon, J., Shin, J., Lee, D. (2016). Wirkung einer veganen oder vegetarischen Ernährung auf der Basis von braunem Reis und konventioneller Diabetikerdiät auf der glykämischen Kontrolle von Patienten mit Typ-2-Diabetes: Eine 12-wöchige randomisierte klinische Studie. www.pubmed.de; letzter Zugriff am 19.09.24

Magalhaes, J., Melo, X., Correia, I., Ribeiro, R., Raposo, J., Dores, H., Bicho, M., Sardinha, L. (2019). Auswirkungen von kombiniertem Training mit unterschiedlichen Intensitäten auf die Gefäßgesundheit bei Patienten mit Typ-2-Diabetes: eine 1-jährige randomisierte Studie. www.pubmed.de; letzter Zugriff am 19.09.24

Siminerio, L., Krall, J., Johnson, P., Ruppert, K., Hammoudeh, R., Bandi, A., Jason, M.N. (2023). Untersuchung eines Diabetes-Selbstmanagement-Bildungs-und Unterstützungsmodells für Telemedizin mit Hochrisikopatienten in einer ländlichen Gemeinde. www.pubmed.de; letzter Zugriff am 4.10.24

Weitgasser, R., Ciardi, C.., Traub, J., Barta, Merler, B. (2023). Diabetesschulung und -beratung bei Erwachsenen mit Diabetes. www.pubmed.de; letzter Zugriff am 4.10.24